Wenn man ein Migrationsprojekt beginnt, muss man sich zuerst klar werden: was möchte ich überhaupt migrieren? Um diese Frage sinnvoll zu beantworten, ist das Einverleiben des folgenden Grundsatzes wichtig:
Behandeln Sie die Migration von Magento 1 auf Magento 2 als Plattform-Wechsel – denn es ist einer.
Ein Plattform-Wechsel bedeutet einerseits Aufwand und damit Risiko. Auf der anderen Seite bietet es Ihnen die Chance, Korrekturen vorzunehmen und Dinge in Angriff zu nehmen, die in Magento 1 liegen geblieben sind.
Dieser Artikel ist Teil der Serie „Migration von Magento 1 auf Magento 2„.
Inhaltsverzeichnis
Der Aufwand für eine Migration zu Magento 2 ist nicht zu unterschätzen
Magento 1 und Magento 2 sind von demselben Hersteller, aber unter der Haube hat sich so viel getan, dass der Schritt nicht mit einem normalen Update zu vergleichen ist. Man klickt nicht auf einen Button und der Shop ist aktualisiert wie bei einer Software auf Ihrem PC. Es reichen auch nicht ein paar Kommandobefehle und alles ist erledigt. Der Schritt mag etwas einfacher sein als wenn man zwischen zwei komplett unterschiedlichen Software-Systemen wechselt, doch es handelt sich um einen umfangreichen Prozess mit viel manueller Arbeit. Den sollte man sich nicht nur des Updates wegen machen.
Hinter dem Umstieg auf Magento 2 muss ein echter Mehrwert stehen. Für die allermeisten Händler gilt: nun ist der richtige Zeitpunkt, um wie bei einem Plattformwechsel zu hinterfragen, wie man seinen Online-Shop noch besser machen und ihn einer Frischzellenkur unterziehen kann.
Den Umfang des Migrations-Projekts definieren
Zu aller Anfang muss der Projekt-Umfang definiert werden. Ich bezeichne diesen gerne als Migration Scope.
Vier Eckpfeiler helfen dabei, den Umfang zu definieren:
- Keine 1:1-Kopie des bisherigen Stores erstellen
- Nur Funktionalitäten und Daten übernehmen, die es wert sind
- Strategien und Ziele überdenken
- Neue Features einbauen
Keine 1:1-Kopie des bisherigen Stores erstellen
Natürlich ist man versucht, alles so zu machen wie bisher. Man hat viel Zeit, Geld und Herzblut in den aktuellen Shop investiert. Das ist verständlich, aber nicht immer vernünftig.
Zum Beispiel hat sich das Basis-Design-Template von Magento 1 zu Magento 2 stark geändert – sowohl, was das Aussehen anbelangt als auch insbesondere die technische Basis. Nach aktuellem Stand gibt es leider keine Möglichkeit, das Design automatisch zu übernehmen. Sie müssen es neu implementieren lassen.
Es zahlt sich hier nicht aus, auf eine pixel-genaue Wiederherstellung des Designs zu bestehen. Das kostet mehr Zeit, Geld und Nerven als es wert ist. Natürlich können Sie das aktuelle Design wieder implementieren lassen und Sie werden in den meisten Fällen an Ihrer CI (Corporate Identity) festhalten wollen. Aber dass muss nicht heißen, dass die alte und die neue Version des Shops komplett ident aussehen müssen. Geben Sie Änderungen im Nutzerkonto, im Checkout etc. eine Chance; mit einer agilen Herangehensweise, bei der man sich die Bereiche des Webshops Stück für Stück mit der eigenen CI ansieht und auch Verbesserungen des neuen Standard-Designs nutzt anstatt alles wieder zurück zu bauen, kommt man schneller zum Ziel.
Nur Funktionalitäten und Daten übernehmen, die es wert sind
Versuchen Sie nicht um jeden Preis, eine Feature-Parität herzustellen, also alle Funktionalitäten aus dem alten Shop zu übernehmen. Evaluieren Sie, was im bisherigen Shop gut funktioniert und was zwar vielleicht ein sinnvolles Experiment war, aber keinen großen Nutzen gebracht hat. Streben Sie nach dem, was man im Englischen „Value parity“ nennt – also einem Magento-2-Shop, der in dem was er Ihnen bringt gleichwertig mit dem Magento-1-Shop ist. Einen gleichwertigen Shop zu bauen wird günstiger sein als genau den gleichen Shop noch einmal zu bauen.
Dasselbe gilt für die Daten: hat man die Daten bereits erhoben und gespeichert, möchte man sie tendenziell wieder im Magento-2-Shop zur Verfügung haben. Hinterfragen Sie aber genau: brauche ich diese Daten überhaupt, verwende ich sie und bringen Sie mir einen Mehrwert?
Zum Beispiel mag es nicht immer notwendig sein, Bestelldaten aus dem Jahr 2008 in den neuen Shop zu übernehmen. Viele Produkte sind nicht mehr im Sortiment, der Kunde sieht sich diese alten Bestellungen nicht an und für langjährige Auswertungen haben Sie die Daten vielleicht ohnehin schon in Ihr ERP-System oder Data-Warehouse transferiert.
Neben einer zeitlichen Komponente spielt auch die inhaltliche eine Frage: nur weil Sie im alten Shop für einige Zeit das Umfrage-Feature von Magento 1 verwendet haben heißt das nicht, dass Sie diese Daten überhaupt noch im neuen Shop benötigen, z.B. weil die Umfragen ein Mittel zur Kundenaktivierung waren aber die Ergebnisse nie verwertet wurden.
Strategien und Ziele überdenken
Wenn Sie überlegen, welche Features Ihres Magento-1-Shops Sie noch benötigen, sind Sie eigentlich schon mittendrin: hinterfragen Sie Ihre Ziele und Ihre Strategien, sie zu erreichen. Wenn Sie die Gelegenheit haben, Ihrem Shop eine größere Überarbeitung zu verpassen können Sie den Moment nutzen und neue Wege zum Ziel ausarbeiten.
Neue Features einbauen
War da immer schon eine Funktionalität, die Sie in Magento 1 einbauen wollten, zu der es aber nie gekommen ist – vielleicht sogar aus technischen Einschränkungen in Magento 1?
Hier könnten Sie nun Gelegenheit haben, das Thema wieder aufzugreifen und Ihren Wunsch in Magento 2 zu realisieren. Außérdem kann Magento 2 besonders ab Magento 2.1 mit neuen Features aufwarten, die für Sie reizvoll sein könnten.
Hier möchte ich allerdings zu bedenken geben: manchmal ist es besser, die Migration auf Magento 2 möglichst schnell zu vollziehen und dabei lieber erst auf Features zu verzichten. Sie setzen so auf eine kürzere Time to market, sorgen dafür dass der Shop in der neuen Version stabil läuft und beginnen dann, in neue Gewässer vorzustoßen.