Magento-Jahresrückblick 2010: wo stehen wir, was erwartet uns?

Ich behaupte guten Gewissens: Magento wächst und gedeiht. Auch in diesem Jahr konnte die Plattform Marktanteile gewinnen – und das so stark, dass die Nachfrage an Magento-Entwicklern gar nicht befriedigt werden kann (wie man immer wieder liest). Für uns als Entwickler natürlich ein schöner Umstand, denn andere Branchen müssen sich zur Zeit redlich abmühen, um die nötigen Aufträge zu lukrieren.

Magento Inc. erweitert das Magento-Ökosystem in den letzten Monaten an vielen Stellen zugleich und arbeitet fleißig weiter an der Expansion.  So mancher kann schon einmal den Überblick verlieren. Deswegen nutze ich den anstehenden Jahreswechsel, um ein wenig zu resümieren, was sich im Jahr 2010 entwickelt hat und womit wir 2011 rechnen können.

Rückblick: das Jahr 2010

Magento Community Edition 1.4.0.0

Kurz vor dem Valentinstag erschien die neue Version der kostenlosen Magento-Ausgabe Community Edition 1.4.0.0. Neu waren unter anderem die Generalüberholung der Template-Dateien, Geschwindigkeits-Steigerungen, ein neu geschriebenes PayPal-Modul sowie ein WYSIWYG-Editor und Media-Upload-Browser für das Backend.

Magento Professional Edition

Im Mai 2010 veröffentlichte Varien mit der Professional Edition ein Produkt, das zwischen der kostenlosen Community Edition und der recht teuren Enterprise Edition angesiedelt ist. Zu einem Preis von jährlich 2.995 Dollar erhält man gegenüber der kostenlosen Version einige Features wie ein Bonuspunktesystem für Kunden, die Verkaufsmöglichkeit von Geschenkgutscheinen, eine stärkere Datenverschlüsselung sowie ein Gutschriftsystem, bei dem der Kunde ein Guthaben erwirbt bzw. eine Gutschrift erhält und diese dann beim Kauf einlösen kann. Auf der Website gibt es weitere Informationen zur Magento Professional Edition.

Magento Mobile

Nur wenige Tage später kündigte Varien Magento Mobile an. Hiermit kann der bestehende Shop auch als Mobile App auf die Handys gebracht werden. Besonders untersützt wird Apples iPhone, für das eine eigene Shop-Anwendung generiert wird. Die Kosten setzen sich aus einer einmaligen Gebühr von 799 Dollar und einer jährlichen Gebühr von 699 Dollar zusammen. Eine Version für iPad und Android ist in Entwicklung. Magento Mobile kann nicht nur mit den kostenpflichtigen Editionen verwendet werden, sondern ist auch mit der Community Edition kompatibel. Mehr dazu findet ihr auf der Magento-Mobile-Produktseite.

Magento Community Edition 1.4.1.0

Wieder bald darauf, nämlich Anfang Juni 2010, wurde die neue Version Magento CE 1.4.1.0 veröffentlicht. Hier wurden unter der Haube mehrere Verbesserungen vorgenommen und die PayPal-Integration noch einmal erweitert. Zudem, und das ist für uns Entwickler nicht unwesentlich, wurde die Datenbank-Struktur der Bestellungen von EAV auf flache Tabellen umgestellt.

Varien wird zu Magento Inc.

Noch eine Neuerung im Juni 2010: Varien, das Unternehmen hinter Magento, benannte sich in Magento Inc. um. Dieser Schritt war nur logisch, da sich Varien einzig auf Magento konzentriert und es Kunden mitunter doch etwas seltsam schien, dass es keine Firma Magento gibt, sondern nur ein Produkt.

Magento 1.4.2.0

Vermutlich noch vor dem Jahreswechsel wird es ein weiteres Release, Community Edition 1.4.2.0, geben (Update: inzwischen ist die neue Version verfügbar). Vor wenigen Tagen wurde der zweite Release-Kandidat veröffentlicht. Das eigentliche Hauptfeature von 1.4.2.x, der neue Magento-Connect-Manager, wird nun stattdessen in Magento CE 1.5 veröffentlicht. Nun kann man natürlich orakeln, dass es Probleme gab und der Manager es deswegen nicht in die neue Version schafft, doch ich finde die offizielle Begründung, dass ein solches neues Feature besser in einem größeren Versions-Sprung aufgehoben ist, durchaus einleuchtend. Deutlicher gesagt hatte ich mich vorher gewundert, warum man das in ein solches Minor minor Release verpackt. 😉
Was bleibt von 1.4.2.0? Besonders hervorgehoben wird die Integration mit „TheFind„, wobei es sich um eine große Shopping-Suchseite handeln soll. Ehrlich gesagt habe ich davon noch nichts gehört, weswegen ich nicht sagen kann, welche Rolle die Site im deutschsprachigen Raum hat. Jedenfalls wird es mit der neuen Erweiterung möglich, die Produkte auch dort anzubieten. (Vielleicht sollte man sich eher um das Google Merchant Center kümmern, dort rumort es in letzter Zeit.) Auch das mitgelieferte iPhone-Theme wurde überarbeitet.
Die restlichen Änderungen sind für Entwickler interessanter. Zum Beispiel werden die Filter für Extensions flexibler und die verwendete Zend-Framework-Version wird aktualisiert (1.10.8 laut RC2). Ich könnte jetzt noch so einige von den hunderten Änderungen und Bugfixes aus den Release Notes erwähnen, aber das bringt euch nicht viel.

Na gut, ein Beispiel: Die manchmal auftretende Meldung „SOAP-ERROR: Parsing Schema: can’t import schema from ‘http://schemas.xmlsoap.org/soap/encoding/’“ bei Verwendung der SOAP-API soll Geschichte sein. Wollen wir es hoffen, bisher haben wir da nämlich immer manuell (im Code) nachlegen müssen.

Ausblick: das Jahr 2011

Abschließend wollen wir einen Blick in die Zukunft werfen und überlegen, was uns im nächsten Jahr so erwarten könnte. Solange nichts Überraschendes passiert, sollte Magento seine Position im e-Commerce-Markt ausbauen. Ich habe in diesem Jahr wieder mit so manchem Shopsystem gearbeitet und habe für mich befunden, dass betreffend Code-Qualität, Funktionsumfang und vor allem (Community-)Support im PHP-Bereich momentan kein erstzunehmender Konkurrent in Sichtweite ist. Luft nach oben gibt es wie immer, doch dazu gleich mehr.
Magento Inc. ist übrigens inzwischen weit mehr als eine kleine „Klitsche“: bis dato sind dort mehr als 180 Menschen angestellt. Das Unternehmen durfte sich unter anderem über eine 22,5-Millionen-Dollar-Finanzspritze von Investoren freuen. Auch die Showcase-Seite von Magento zeigt, dass sich immer mehr Großkonzerne als Klienten auf Magento einlassen, darunter Samsung, Lenovo, Nokia oder Adidas.

Branchen-Lösungen

Im August bei Meet Magento #3 in Leizipg hat Magento-Gründer und -Geschäftsführer Roy Rubin in einem Interview mit excitingcommerce.de mitgeteilt, dass noch 2010 branchenspezifische Lösungen, genannt Magento Verticals, auf den Markt kommen sollen. Falls die Jungs und Mädels nicht gerade ein Weihnachtsgeschenk schnüren, wird das vermutlich in diesem Jahr nichts mehr, aber man darf gespannt sein, was aus diesem Plan wird.

Magento Community Edition 1.5.0.0

Im Oktober 2010 trafen sich Magento-Entwickler zu „Magento Developer’s Paradise“ auf Mallorca. Dort legte Magento Inc. die Pläne für die kommenden Versionen vor. Leider konnte ich nicht dort sein, aber zum Glück haben einige Teilnehmer wie jene von Classy Llama Studios darüber gebloggt. Laut dem Konferenzbericht dürfen wir uns freuen über Verbesserungen wie

  • eine verbesserte Bestellungs-Verarbeitung im Backend,
  • einen Bezahlvorgang ohne JavaScript (endlich!),
  • eine erweiterte Import-Funktionalität für weitere Produkt-Typen und mehr Produktdaten sowie
  • eine stark gesteigerte Performance beim Produkt-Import. Letzteres wurde an mehreren Stellen getwittert, leider finde ich nur noch einen Tweet von Anders T. Rasmussen dazu. In optimalen Fällen soll der Import bis zu 50-mal so schnell ablaufen. Wenn das ansatzweise stimmt und auch für die API-Schnittstelle gilt, werdet ihr ein paar Juchzer aus dem 17. Bezirk hören.

Magento 2.0

Inzwischen beginnen die Arbeiten am neuen Major-Release von Magento, Magento 2.0. Die Informationen dazu sind bisher noch spärlich. Was wissen wir? Bei „Magento Developer’s Paradise“ wurden erste Ankündigungen gemacht (auch hier habe ich leider nur noch einen Tweet als Quelle dazu gefunden), aber im Prinzip sollen fast alle Topwünsche der Community-Wunschliste abgearbeitet werden:

  • Code wird optimiert, teilweise eventuell auch stark verändert, wenn man bei Anton Makarenkos Tweet zwischen den Zeilen liest,
  • prototype wird durch jQuery ersetzt,
  • die Performance soll weiter gesteigert,
  • die API mittels REST realisiert und
  • Unit-Testing für den Code verwendet werden. Dieser Punkt wäre sehr wichtig, denn gerade bei Shops sollte die Sicherstellung der Funktionalität im Vordergrund stehen. Zur Zeit ist die Testabdeckung auch einer der großen Vorteile von z.B. OXID eSales.

Wann mit einer neuen Version zu rechnen ist, ist momentan schwer abzuschätzen. Das wird zu einem großen Teil von der verwendeten Zend-Framework-Version abhängen. Als ich vor ein paar Monaten nachgefragt habe, war noch nicht entschieden, ob ZF 1.x oder 2.x zum Einsatz kommen wird. Meinem Bauchgefühl nach wäre es besser, die neue Version des ZF abzuwarten – dann können wir uns aber wahrscheinlich auf ein Magento 2.0 im Jahr 2012 einstellen. Ob das eine Option ist, hängt wohl stärker von Business-Entscheidungen als von sonst etwas ab. 😉

Fazit

Kurz und knackig gesagt: solange sich Magento Inc. nicht übernimmt, sieht die Zukunft meiner Meinung nach rosig aus. In der aktuellen Version gibt es einige Stellen, an denen Magento Verbesserungen erfahren könnte, und wenn es wahr ist, was man über CE 1.5 und die Pläne für 2.0 hört, dann werden genau diese Punkte angegangen.

Mit der Einführungen der Professional Edition gibt es ein Produkt, das Kunden bei Bedarf einen besseren Service-Level ermöglicht aber zugleich leistbar ist und mit Magento Mobile versucht das Unternehmen Fuß im wachsenden Mobilmarkt zu fassen. Ich könnte mir auch vorstellen, dass Branchen-Lösungen durchaus ihren Reiz haben – bei ERP-Lösungen sind diese ja teilweise schon unumgänglich, wieso also nicht auch den Shop spezialisieren?

Frage an die Runde: was meint ihr dazu? Bin ich zu verklärt und ist das alles Quatsch? Was ist eure Meinung und wo seht ihr Magento im nächsten Jahr?

Eine Antwort

  1. 08.12.2010

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